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Socke und das Käsebrot

Es regnet, also eigentlich gießt es in Strömen, als wollte der Himmel den Tod meines Menschen betrauern. Mein Herz ist schwer. Ich habe Angst. Offenbar habe ich auch einen neuen Namen. Fremde Menschen sind sich einig. Ich heiße nun Streuner. Den Namen mag ich nicht. Und die Menschen, die mich so nennen auch nicht. Vielleicht sollte ich in mein Viertel zurückkehren. Dort heiße ich Socke, werde begrüßt und mit Leckereien bedacht. Aber so oft ich dort auftauchte versuchten sie mich festzuhalten. Was soll denn das? Das war doch früher nicht so. „Komm Socke sei lieb. Bleib hier.“ Ich bin lieb. Ich bin immer lieb. Aber bleiben möchte ich nicht. 

Wieder kommen ja, wenn ich gehen darf, wann ich will. So wie bei meinem Menschen. Die ist nicht mehr da. Ich habe zugesehen wie sie ihre Sachen aus der Wohnung in ein riesiges Auto geladen haben. Tür zu und Tschüss. Ich saß vor der Tür des Supermarktes auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Hätten sie mich erkannt, säße ich jetzt wohl auch in diesem riesigen Auto – Nein, danke!

Der Regen stillt meinen Durst. Regenwasser ist gar nicht so übel. Nicht alle Pfützen schmecken gut. Die sich auf der Straße bilden riechen nach Auto und schmecken auch so. Also Zunge weg. Aber die in den Vorgärten und Hauseingängen sind ganz passabel. Ich darf mich nur nicht erwischen lassen. Sonst heißt es wieder: „Hey Du Streuner. Verschwinde!“ Und sie machen Handbewegungen als wollten sie fliegen oder Staub wedeln. Ja, mein Mensch hat diese Bewegungen mit einem Lappen gemacht. Immer dann, wenn ich Wasser um meinen Napf herum verteilt habe. „Wegwischen nannte sie das.“ Ach sie fehlt mir und Hunger habe ich auch.

Auch die Frage wo ich heute Nacht schlafe ist noch nicht entscheiden. Wahrscheinlich wieder in dem Gestrüpp entlang der Mauer an der Schnellstraße. Dort schlafen auch Menschen. Die nennen mich „Dachlos“ oder so ähnlich. Die wischen mich nicht weg. Manchmal wollen sie sogar ihr Trinken mit mir teilen. Das riecht komisch. Also besser nicht. Schlafen ist ok. Dort fühle ich mich nicht so alleine.

„Na du arme Socke“ Da ist er wieder mein Name. Es gibt jemanden der meinen Namen kennt. Wie cool ist das denn. Er isst ein Käsebrot und malt die Brückenpfeiler an. Mitten in der Nacht. Oh Hunger, Hunger, Hunger. Er legt sein Brot zur Seite. Ob er fertig ist? Darf ich jetzt. Schnapp – schluck. Weg ist es. Oh tat das gut. Ob ich jetzt Ärger bekomme? Der Mensch ist jung. Er hockt sich hin, wühlt in seinem Rucksack, packt ein zweites Brot aus, beißt davon ab und hält mir den Rest hin. Soll ich? Ist das ein Trick? „Hier Du arme Socke“ Wieder mein Name. Na dann! Mit einem Happs ist auch dieses Brot auf dem Weg in meinen Magen. Ich warte ab, was passiert. Er wendet sich wieder dem Pfeiler zu und malt weiter. Eine komische Beschäftigung mitten in der Nacht. Plötzlich springt er auf. „Scheiße, Bullen.“ Er schnappt seinen Rucksack und rennt. Im fällt etwas aus der Tasche. Ich schnappe danach und renne hinterher.

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